
Am nächsten Tag zogen Thomas und ich mit Karla in den Nationalpark. Daniel und Nicole wollten Jacob erst einmal etwas Ruhe gönnen und machten einen kleinen Ausflug in einen nahegelegenen Schlitzcanyon, den Snow Canyon. Am Nachmittag hatte er trotz Paracetamol-Zäpfchen wieder hohes Fieber, so dass an Ausflüge nicht mehr zu denken war.
Thomas und ich hatten uns für diesen Tag das Highlight des Zion National Parks vorgenommen: die sogenannten Narrows. Am Anreisetag hatte ich schon im Besucherzentrum gefragt, ob man die Wanderung auch mit Kind auf dem Rücken absolvieren könne und die Antwort war leider ein klares „No“. Auf mein „Why not?“ kam zurück, dass man eventuell schwimmen müsse. Ich was davon ausgegangen, dass man nur mal ab und zu nasse Füße bekommen bzw. durch den Virgin River waten müsse. Wir sagten uns, wir können ja jederzeit umkehren, wenn es uns zu „heiß“ wird. Wir fuhren mit dem Shuttlebus bis zum nördlichen Endpunkt des Parks und begaben uns dann auf den ca. 2km langen, asphaltierten Einstieg, der bereits am Fluss entlangführte. Karla ließen wir noch laufen, wodurch wir nicht sehr schnell vorankamen, aber wir hatten ja auch keine Eile. Der Weg wimmelte nur so von handzahmen Eichhörnchen, so dass ich schon Bedenken hatte, dass sie Karla beißen könnten. In allen Publikationen des Parks wurde davor gewarnt. Dann ging es los. Der Asphalt mündete in vom Fluss rund gewaschene Steine und vor allem Wasser, das durchquert werden musste. An der Felswand standen einige herrenlose Wanderstöcke, von denen wir uns die zwei am geeignetsten erscheinenden aussuchten und losstapften. So warm wie am Tag zuvor flussabwärts war das Wasser längst nicht und Thomas stieß erst einmal einen Schreckensschrei aus. Karla in der Trage ließ das kalt. Doch schnell hatten sich unsere ohnehin zu warmen Füße in den Wassersandalen daran gewöhnt und bald schon empfanden wir die Temperatur als recht angenehm. Im Vorüberwaten waren häufig die hängenden Gärten des Canyons in Form von Gras und Blumen zu bewundern. Mit uns hatten sich zwar auch einige andere Touristen auf den Weg gemacht, doch nicht zu viele und der Vorteil war, dass man am Vordermann sehen konnte, wie tief das Wasser vor einem wahrscheinlich sein würde. Das Wasser war zwar klar, aber wo es oberschenkeltief war, konnte man nicht bis zum Boden sehen. Außerdem war es zumeist sehr steinig und man lief Gefahr abzurutschen oder umzuknicken. Teilweise war es notwendig die gesamte Breite des Flusses zu queren, um an eine flache Stelle zu gelangen. Die Kraft des Wassers zeigte sich dabei schon sehr. Man möchte meinen, dass die Strömung an Stellen, an denen man gut stehen kann, nicht allzu hoch sein kann. Doch weit gefehlt. Ich hatte teilweise Probleme auf den Beinen zu bleiben. Jedenfalls musste man sich ziemlich konzentrieren, was die Sache aber umso spannender und schöner machte. Mal eine andere Wanderung der anderen Art. Ab und zu konnte man trocken vorankommen. Die Gesamtlänge der Wanderung bis zu dem Punkt, bis zu dem man keine offizielle Genehmigung braucht, beträgt allein schon 16 Meilen bzw. 25 km (hin und zurück). Dahinter geht es noch weiter, aber wahrscheinlich nur mit Badehose.
Wir wateten und wanderten ca. 1,5h bis wir an einen großen Stein im Wasser kamen, den wir als unseren „Point of Return“ sahen, bestiegen und dann umkehrten. Karla war unterdessen in der Trage eingenickt. Auf dem Rückweg wachte sie auf und wir legten an einem kleinen Strandabschnitt eine Mittags- und Badepause ein. Karla war begeistert. Sie fand das Wasser zwar auch kalt, konnte aber nicht davon lassen und wurde ein ums andere Mal von Thomas an den Händen durch das kühle Nass gezogen. Im Übrigen trifft man hier fast nur auf Ausländer mit Kindern in der Trage. Amerikaner scheinen kein Freund davon zu sein.
Wir waren froh, dass wir nicht erst so spät aufgebrochen waren, wie die Massen an Touristen, die uns nun entgegen gewatet kamen. Der Rückweg kam mir kürzer vor. Vielleicht waren wir nun schon mehr an das Laufen im Wasser gewöhnt und kannten die guten Stellen zum Queren. Ich fragte mich, wie lange wohl Skyrunner und Ausnahmesportler Kilian Jornet Burgada für die 16 Meilen rennend brauchen würde.
Karla lief und sprang noch fein den asphaltierten Weg zurück und wir ließen unseren Wasserwandertag an der Zion Lodge mit einem großen Softeis ausklingen. Dann fuhren wir zurück nach Hurricane in der Hoffnung unterwegs einen Starbucks zu sehen, doch mussten uns dann mit einem Burger King-Kaffee zurfriedengeben. Karla war im Auto ohne einen Pieps mit ihrem lauten Musikspielzeug eingeschlafen und erwachte erst nach 45 min wieder. Mit den insgesamt ca. 1,5h Stunden ist meist ihr Tagesschlafbedarf gedeckt, so dass sie dann noch ganz gut gelaunt bis zum Abendbrot durchhielt. Auch der Pool und ein Abstecher auf den tollen Spielplatz nebenan taten ihr Übriges.
Jacob war zwar noch nicht wieder auf dem Damm, aber wir konnten auswärts beim Mexikaner essen. Dann war es mit der Geduld der Mäuse vorbei und wir mussten sie ins Bett bringen. Thomas ging nochmal eine Runde laufen und danach besprachen wir den nächsten bzw. letzte Tag unserer Reise.
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