
Am Samstagmorgen gaben wir Karla nach dem Frühstück um 8:30 Uhr bei Denise ab und machten uns bei schönstem Sonnenschein auf nach Park City. Dort sollte sich heute in einem 20 bzw. 18,9 km langen Skating-Skirennen entscheiden, wer die Wasatch Citizen Series gewinnt. Die letzten 12 Jahre hat sie stets der Feuerwehrmann Barry gewonnen. Wir erinnern uns: ein fitter 50er, der Thomas ob seines verbissenen Ehrgeizes unsympathisch war, und der sich Thomas schon im letzten Klassik-Skirennen geschlagen geben musste.
Thomas war aufgeregt. Schon auf dem Hinweg meinte er, ich könnte ja ruhig mal etwas schneller fahren. Auf dem Weg sahen wir auch schon den uns vertrauten Mazda von Thomas' Kollegen John neben uns herfahren. Auch John, der am letzten Wochenende bei einem Rennen im Bryce Canyon in Süd-Utah seine Altersklasse in einem Skatingrennen gewonnen hatte, schien angespannt oder zumindest fokussiert. Er biss auf seinem Finger herum und bemerkte unser permanentes Winken nicht. Auch ich war aufgeregt, denn auch ich wollte heute mal mitmachen, zwar nur in der Anfängerklasse über 7 km (eigentlich 6,3 km), aber es sollte nach dem 25km-König-Ludwig-Lauf im Februar 2012 nun mein zweites Rennen überhaupt und mein erstes Rennen in der Skating-Technik werden, an der ich seit letztem Winter arbeite. In den letzten Monaten und vor allem der letzten Woche habe ich gute Fortschritte gemacht, wollte mir aber dennoch nicht zu viel vornehmen. Meine beiden Ziele lauteten daher: Nicht anhalten (wie im Training, um zu verschnaufen) und nicht hinfallen. Ich war mir sicher: Beim letzten Klassikrennen wäre ich vor John ins Ziel gekommen, doch in der Skating-Technik würde ich ihn sicher nicht schlagen können.
Die Strecke war, gelinde gesagt, steil (ca. 100 Höhenmeter pro Runde auf 8 Anstiege verteilt). Auf der Karte sieht man sie rechts, die rote Farm-Loop. Seht ihr die Serpentinen? Thomas musste 3 Runden drehen, ich nur eine, aber trotzdem gingen wir beide davon aus, dass ich an irgendeiner Stelle auf meiner einen Runde von Thomas überrundet werden würde, zumal die „Open Class“ (alle, die auf Sieg setzen) 10 min vor den „Novice“ startet. Nach Entgegennahme der Leibchen mit Startnummer ging es ans Einlaufen bzw. Skitesten. Also bei mir war es einfach, denn ich habe nur ein ordentliches Paar Skating-Ski. John hielt mich bestimmt 5 min damit auf, dass er seine Uhr nicht zurücksetzen konnte und bat mich zu warten, als ich meinte, er hole mich doch eh gleich wieder ein. Dann fuhren wir 2 min zusammen und er meinte, seine Ski seien zu langsam. Er würde umdrehen und die anderen testen. Thomas: So ist das immer mit John! Als wir uns kurz vor dem Start wiedertrafen, hatte er die anderen Ski immernoch nicht getestet. Ich spürte schon beim Einlaufen, wie schwer meine Beine waren. Dann ging der Schneesturm los. Es sah schon eine Weile bedrohlich dunkel aus am Himmel, aber nun, kurz vor dem Start, brach sich der Blizzard genau zum „richtigen“ Augenblick Bahn. Die Starts hier sind seltsam, denn es kann sein, dass sie spontan etwas vorverlegt werden. So schaffte es Thomas nur mit Rennen, seinen Start nicht zu verpassen. 30 Sekunden bevor es losging, stand er noch ohne Ski in der Loipe und 5 Sekunden vor dem Startschuss hatte er den letzten Stock noch nicht am Handgelenk. Währenddessen stand ich in der grauen Schneesuppe, sah nichts und fror. Endlich waren die Anfänger dran. John erzählte mir noch irgendwas aus seiner Jugend, so dass ich vergaß auf meine Uhr zu drücken, was ich dann auf den ersten Hundert Metern nachholen musste. Wir waren die letzten, die starteten. Ich hatte schon keine Lust mehr, machte daher zum Glück nicht allzu schnell los. Ich sah John sehr schnell verschwinden. Meine Technik fühlte sich verheerend an in dem Anfänger-Gehacke. Ich versuchte mich auf meine Technik zu konzentrieren, in dem Wissen, dass es dann leichter gehen müsste. Na ja. Ich hatte schon damit gerechnet, dass ich alle Tipps, alle Technik vergessen haben würde, sobald der Startschuss gefallen wäre. Doch nach einem halben Kilometer, noch vor dem ersten Berg, war ich konzentriert und lief einen (für mich) schönen Eintakter. Am Berg fühlt ich mich erst schlagartig schlecht, doch mussten sich die anderen noch schlechter fühlen, denn ich überholte und überholte. Was am Berg, in Innenkurven, neben Anfänger nicht leicht ist, da sie fast die gesamte Breite der Loipe für sich beanspruchen. Wenn man überholt und es knapp aussieht, kann man versuchen, ob der andere nach dem Ruf „to your right/left“ (komme von rechts/links) Platz macht und einen passieren lässt. Anfänger sind dazu aus eigener Erfahrung meistens nicht in der Lage :-)
Am Kopf einer Serpentine blickte ich kurz nach rechts und sah Thomas oberhalb von mir in dem Graupel in der Führungsgruppe gen Ende erster Runde rauschen und dachte: Oh Mann, jetzt sind die erst da? Das sind aber lange 6 km! Ich versuchte, nicht zu denken, was gut dazu passte, dass man auch nichts sehen konnte. Wo ich lang musste, erkannte ich nur an denen vor mir. Vielleicht war das ganz gut so, denn so fuhr ich einfach ohne zu bremsen bergab, ohne auf mögliche Schneelöcher oder Eis zu achten. Jegliches Eis, was man beim Einlaufen noch hatte sehen können, war nun sowieso unter der 10 cm-Schneedecke begraben, die sich seitdem gebildet hatte. Demzufolge war die Strecke total zerfahren, die Ski von rund 200 Teilnehmern hatten sich schon in den weichen Schnee gegraben. Ich merkte, wie unter der Anstrengung das Eis auf meinen Wimpern taute und mir übers Gesicht rann. Dann sah ich John vor mir auftauchen. Ich war zu angestrengt, um etwas zu sagen und er wohl auch. Ich überholte ihn, fiel fast hin. Noch eine Serpentine, eine Abfahrt, nur draufstehen, erholen, ein langer Anstieg, noch einer..., dann den einen noch, der letzte Anstieg, nicht anhalten, nicht hinfallen, keiner nah hinter dir, weiter, locker bleiben. Dann endlich kam das Ziel in Sichtweite. Ein Flachstück. Ich konnte sogar noch Eintakter laufen und genoss es, noch einmal schnell zu werden. Dann verpasste ich fast die Einfahrt zum Ziel und wäre fast noch unfreiwillig auf eine zweite Runde gegangen. Dann schnallte ich sofort ab und sagte mir, heute machst du keinen Meter mehr auf Ski. Doch noch bevor ich wieder im Auto saß, dachte ich, dass ich gern noch etwas länger als nur 30 min Ski gelaufen wäre.
Ich war zufrieden. Ich kannte meinen Platz nicht, aber 30 min fand ich bei den Bedingungen ok. Meine Ziele hatte ich erreicht. Besser noch. Thomas hatte mich nicht überholt und ich war über 3 min vor John ins Ziel gekommen, der mir dann gleich erzählte, dass er im Sommer unbedingt 20 Pfund abnehmen müsse. Auf der Heimfahrt mit Thomas waren es dann schon 25 Pfund. Er meinte auch, wenn ich meine Technik noch verbessern würde (er sah offenbar viel Potenzial dafür), könnte ich richtig schnell sein.
Hier unten könnt ihr noch ein Video vom Rennen ansehen. Ich bin leider nur mal im Hintergrund nach Rennende zu sehen.

Wasatch Citizens' Race #5 pt.1 Masters 2013
The cold-front blizzard roared in from behind just as the skiers of the adult waves lined up for 20km. Watch this year's video of the finale of five races or watch last year's as there are difficult
Die hellblauen Rennanzüge weisen auf Läufer von unserem Skiverein TUNA hin.

Nun zu Thomas. Ich hatte beim Start noch gedacht, dass das ja nicht gerade seine Bedingungen seien. Er ist recht groß und muskulös und daher schwer, so dass er in den Schnee mehr einsinkt als andere Athleten und ihn der Vortrieb quasi mehr Kraft kostet. Dann hatte er sich auch ganz schön unter Druck gesetzt, da die Serie für ihn ja noch zu gewinnen war. Allerdings nur, wenn er gewinnen und sein ärgster Konkurrent, Barry, nur auf Platz 4 kommen würde. Kurz nachdem ich ins Ziel gekommen war, kam die 4-köpfigeSpitzengruppe von ihrer 2. Runde. Thomas war noch immer dabei. Barry allerdings auch. Ich feuerte ihn mit „Hopp, hopp, hopp“-Rufen an. Während John mir seine „Erfolg durch Abnehmen“-Theorie mehrfach darlegte und mir zu meinem Erfolg gratulierte, absolvierte Thomas seine letzte Runde. Man sah einen einsamen orangefarbenen Anzug auf das Ziel zufahren. Davor kam keiner, der ein ähnliches Tempo hatte anschlagen können, dahinter 3 schwarze Anzüge, die ihn nicht mehr einholen konnten. Thomas rauschte als Erster ins Ziel, dahinter gab es noch einen spannenden Kampf um die Plätze 2 bis 4. Und was denkt ihr, wer auf Platz 4 kam? Genau, der Barry! Zu diesem Zeitpunkt hatte ich dies jedoch noch nicht erkennen können. Ich rannte ins Ziel und beglückwünschte den völlig außer Atem geratenen Thomas mit seinen vereisten Augenbrauen und knallroten Wangen. Dann drehte ich mich zu den anderen 3 um und gratulierte (Good job!) und fragte in die Runde, wer jetzt die Serie gewonnen habe? Betretenes Schweigen...
Thomas blieb noch bis zur enttäuschenden Siegerehrung (eine Medaille und eine Holzplakette im Vorbeigehen), fuhr aber vor der großen Tombola los, bei der man sogar Ski und Skiböcke von den Sponsoren gewinnen kann. Aber immerhin hatte er noch vom leckeren Büfett profitieren können. Ich war gleich nach seinem Sieg losgefahren, damit ich Karla rechtzeitig vor ihrem Mittagsschlaf in Empfang nehmen konnte. Was auch gut war, denn das Schneechaos auf den Straßen war noch größer als das in der Loipe. Thomas und John hatten fast Schneeketten aufziehen müssen.
Später erzählte mir Thomas, dass er denkt, Barry jetzt doch ganz gut leiden zu können. Ist auch leicht zu sagen, wenn man ihn geschlagen hat, oder? Er hat sich mal "etwas länger" mit ihm unterhalten. Grinsend fügte er hinzu, sie seien jetzt "per du"! Ha, ha! Der war gut. Ob Barry Thomas auch mag, bleibt fraglich. Jedenfalls hat er Thomas gleich gefragt, ob er nächstes Jahr auch noch da sei. :-) Und schon am nächsten Tag traf ich ihn in der Loipe beim Training. Nach der Serie ist schließlich vor der Serie. Vielleicht auch für mich, denn ich habe das Gefühl, dass es am Tag danach noch besser ging, technisch wie konditionell.
Während Karla dann schlief und nachdem das Essen gekocht war, machte ich es mir selbstzufrieden in der Badewanne gemütlich und begann das neueste Buch von Paul Torday. Ein perfekter Tag.
P.S. Ich wurde 4. Anfängerin von 19, mit 2min Rückstand auf die "beste Anfängerin". Bei den Anfänger-Männern wäre ich auf Platz 8 von 20 gekommen.
Hier noch die Ergebnisliste
wohooo!! congratulation!!
AntwortenLöschenDanke! :-) Wann steht dein nächstes Radrennen an?
AntwortenLöschen:-/ ich schieb es mal auf das mistige Wetter und dass ich ab Freitag wieder arbeite, aber eigentlich bin (und bald war) ich nur faul...ich bin ja so raus aus dem Sport, habe aber dank Mathias wieder ein neues Rad, dass definitiv nicht draußen stehen wird!! ;-) ja und dann werde ich auch wieder loslegen...promised!!
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