Seitdem ich vor ein paar Monaten gesehen hatte, dass die US-Meisterschaften im Skilanglauf in Soldier Hollow stattfinden würden, spielte ich mit dem Gedanken teilzunehmen. Wann hat man schon mal die Möglichkeit bei einen hochkarätigen Wettkampf auf einer ehemaligen Olympiastrecke als (ambitionierter) Freizeitläufer mitzumachen? Andererseits hatte ich auch sehr großen Respekt, denn um Letzter zu werden, wollte ich den Aufwand auch nicht auf mich nehmen. Also schaute ich in den Ergebnislisten der letzten Jahre und stellte fest, dass sich das Teilnehmerfeld einer nationalen Meisterschaft in den USA von einer in Deutschland doch stark unterscheidet. In Deutschland starten im Erwachsenenbereich ungefähr 10-20 Leute, von denen 75 % Profis sind. Die restlichen 25 % sind Halbprofis. Da hat man immer ein bisschen das Gefühl, man wird komisch angeguckt, wenn man dort startet und eine Leistung bringt, die eben nicht der eines Profis entspricht. Hier starten ca. 200 Leute, darunter Läufer der Weltcup-Teams, aber ganz überwiegend Mitglieder der University Ski Teams.
Hier ist das gesamte System anders aufgebaut. Während in Deutschland vorwiegend staatliche Mittel für die Sportförderung zur Verfügung stehen (Bundeskader sowie indirekte staatliche Mittel durch die Fördergruppen von Bundeswehr, Zoll, Polizei, etc.), sind es hier bereits im Juniorenalter die Colleges und Universities, die einen Großteil der Förderung übernehmen. Universitäten sind in den USA Unternehmen. Man bezahlt hohe Studiengebühren, Wissenschaftler müssen 1/3 ihrer Fördermittel an die Uni abgeben und nicht zuletzt gibt es private Sponsoren aus der Wirtschaft und viele Stiftungen. Es ist auch üblich, dass erfolgreiche und reiche Absolventen Spenden an die Unis überweisen. Also kurz: gute Unis in den USA haben Geld und können über dessen Einsatz selbst entscheiden. Dann kommt hinzu, dass Sport in den USA einen sehr hohen Stellenwert hat. Wer gut Baseball, Basketball oder Football spielt, kommt meist um die Studiengebühren herum. Selbst für „Randsportarten“ wie Skilanglauf werden Stipendien vergeben. So ist es dann möglich, dass sich jede größere Uni einen eigenen Kader an Uni-Sportlern halten kann, die auf hohem Niveau trainieren können. Entsprechend war der Altersdurschnitt bei den US-Meisterschaften auch im Bereich von 20 bis 24.
Ich hoffte also, mich bei den beiden Rennen (15 km Skating Einzelstart und 30 km klassisch Massenstart) irgendwo im Feld (und nicht ganz am Ende) platzieren zu können. Am Freitag über 15 km gelang mir das ganz gut. Es war kalt, aber sonnig und die Strecken waren super präpariert. Mit Platz 103 von 223 Startern war ich sehr zufrieden. Am Sonntag dann merkte ich aber schnell, dass ich mich noch nicht ausreichend erholt hatte, um auf der schweren Strecke ein ähnlich gutes Ergebnis zu erreichen. Als Brauereipferd (zur Erinnerung: Körpergewicht über 200 Pfund) bekam ich an den steilen, langen Anstiegen Probleme und musste nach 2 oder 3 der 6 Runden vom Feld abreißen lassen. Ich hatte mein Auto direkt neben der Strecke geparkt und jedes Mal, wenn ich daran vorbei lief, dachte ich, ich könnte doch auch einfach ins Auto hüpfen und nach Hause fahren. Aber als langjähriger Sportler hat man ein paar Psychotricks auf Lager. Ich sagte mir immer: Okay, noch eine Runde, dann kannst du ja aufhören. So kommst du wenigstens auf 15 km. Dann 20, dann 25 und naja, also die letzte Runde schafft man ja dann auch noch…
Am Ende war ich 67. von 87 gestarteten Teilnehmern. Den Zielsprint um Platz 67 habe ich übrigens gnadenlos für mich entschieden ;-)
Wirklich über 200 Pfund???
AntwortenLöschen200 pound sind ca. 92-93 kg (1 pound = 460 g).
AntwortenLöschenPuh...Gott sei Dank. Aber 200 klingt halt deutlich "besse" als 92. Ein klassischer Fall von statistischer Verzerrung.
AntwortenLöschen