
Dieser Eintrag wird sicher für all diejenigen unter euch interessant sein, die planen uns zu besuchen und hier Auto zu fahren. Zuerst möchte ich etwas zu den technischen Gegebenheiten sagen. Wie viele von euch schon wissen, wird hier hauptsächlich mit einem Automatikgetriebe gefahren. Das heißt, man hat im Auto auch keine Kupplung, sondern nur das Gas- und das Bremspedal, die ebenso wie in Autos für den europäischen Markt angeordnet sind: Gas rechts, Bremse links. Das linke Bein benutzt man daher gar nicht, was erst einmal gewöhnungsbedürftig ist. Ganz weit links im Fußraum hat man dann häufig noch die „Handbremse“, die demzufolge in der Mittelkonsole fehlt, aber durch Treten wie eine Handbremse eingesetzt wird. Einen Schalthebel hat man trotzdem. Mit ihm wählt man zwischen verschiedenen Modi von oben nach unten aus. Hier die wichtigsten. „P“ steht für „Parking“, also wenn man das Auto abstellt, sei es kurz oder für länger. Dann folgt „R“, was für „Reverse“ bzw. den Rückwärtsgang steht. Danach kommt „N“ für „Neutral“ bzw. Leerlauf. Dann kommt „D“, was für „Drive“, also für „Fahren“ steht und die Gänge 1-5 bzw. 6 umfasst. Mitunter, so auch in unserem Auto, kann man in einen 3. und 2. Gang schalten, was praktisch ist, wenn man ohne zu bremsen bergab fahren möchte. Der Moduswechsel erfolgt durch Drücken eines Knopfes links im Kopf des Hebels und gleichzeitiges Ziehen des Hebels in den gewünschten Modus. Zu beachten ist, dass der Motor nur gezündet werden kann, wenn der Hebel in Parkposition steht und man die Bremse tritt.

Vorfahrt – Yield und Stop
Am wichtigsten finde ich die unterschiedliche Vorfahrtsregelung am Stoppschild. Hier gibt es zwei Arten von Stoppschildern. Zuerst einmal sehen Stoppschilder hier genauso aus wie bei uns. Es gibt Stoppschilder, unter denen ein weiteres kleines rotes Schild darauf hinweist, dass alle anderen Straßen der Kreuzung ebenfalls durch ein Stoppschild geregelt sind („all way“ oder je nach Anzahl der Straßen „4-way“ oder „3-way“). Das heißt dann, dass alle Straßen gleichberechtigt sind. Allerdings gilt dann, dass der zuerst die Kreuzung überqueren darf, der zuerst angekommen ist. An einer 4-Straßen-Kreuzung, an der alle Straßen mehrere Spuren aufweisen, stellt dies eine nicht unerhebliche Gedächtnisleistung dar und verlangt einiges an Konzentration. Aber man gewöhnt sich daran. Erst wenn Autos zugleich ankommen, gilt rechts vor links – oder Höflichkeit. Man sollte jedoch nie von der Höflichkeit der Anderen ausgehen – wie überall. Das Gefährliche an dieser Art von Stoppschild ist eigentlich nur die andere Art von Stoppschild. Da fehlt das kleine Hinweisschild darunter und man muss allen anderen Vorfahrt gewähren, bis die Straße frei ist, wie wir es von unseren Stoppschildern kennen. Da die gleichberechtigten Stoppschilder jedoch zahlenmäßig in der Stadt überwiegen, kann man leicht vergessen, dass man die anderen passieren lassen muss. Wenn man Glück hat erinnert das Schild „Through-traffic does not stop“ (Durchgangsverkehr hält nicht an) einen daran, bevor es zu spät ist.
„Yield“ bedeutet im Zusammenhang mit Straßenverkehr immer, dass man Vorfahrt gewähren muss. Es steht außerdem auf den „Vorfahrt gewähren“-Schildern, die wie deutsche Schilder aussehen.

Rechts abbiegen: Auf einen weiteren Unterschied zu unseren Vorfahrtsregeln treffen wir, wenn es um das Abbiegen nach rechts an einer Ampelkreuzung geht. Bei uns darf man an einer roten Ampel ja nur mit dem grünen Pfeil rechts abbiegen. Hier darf man das immer. Außer es steht dort ein Schild, das dies verbietet, was selten ist. Ich weiß nicht, ob ich in Salt Lake überhaupt schon einmal eines gesehen habe. Auf diesem heißt es dann: No right turn on red. Aber natürlich muss man Fußgängern, den Durchgangsverkehr von links und Linksabbiegern aus dem Gegenverkehr, die einen grünen Pfeil haben können, passieren lassen.
Als Fußgänger muss man immer an der Ampel auf einen Knopf drücken, wenn man die Straße überqueren will. Drück man nicht, wird es nicht grün, auch wenn frei wäre.

Links abbiegen: Beim Abbiegen nach links gibt es kaum Unterschiede. Man muss bei normaler grüner Ampel den Gegenverkehr passieren lassen und hat bei einem grünen Pfeil unmittelbar freie Fahrt. Meist erklärt das auch noch einmal ein Schild darüber: Left turn yield on green (wobei „green“ als grüner Punkt dargestellt ist, um es vom Pfeil abzugrenzen).

Noch ein Wort zu Ampeln. Diese stehen anders als in Deutschland HINTER der Kreuzung, die sie regeln. Das kann verwirrend sein, wenn man an einer T-Kreuzung (vom Fuße des T kommend) nach grünem Licht links abbiegen will und plötzlich vor einer roten Ampel steht, die aber dem Verkehr gilt, der nun hinter einem liegt. Dann heißt es skrupellos weiterfahren. Was jedoch praktisch ist, ist dass über der Kreuzung stets der Name der Straße steht, die man kreuzt, wenn man geradeaus fährt.

Fußgängerüberwege: Die sogenannten Ped Xings (sprich: Pättkrossings) oder Crosswalks befinden sich am liebsten vor Schulen und Schulen gibt es überall :-). Wenn nicht gerade Schulbeginn oder -ende ist, sieht man selten überhaupt Fußgänger und noch seltener in der Nähe von Zebrastreifen. Im Übrigen sehen diese hier nicht immer wie eben Zebrastreifen aus. Es können auch einfach zwei Linien quer über der Straße sein, an denen rechts und/oder links ein gelbes Schild mit „PedXing“ oder nur „Xing“ oder nur „Peds“ steht. Wobei „Ped“ als Kurzform zu „Pedestrian“ (Fußgänger, lat. pedes = Füße) nicht zu verwechseln ist mit „pet“, was Haustier bedeutet bzw. jedes Tier, das sich streicheln lässt (to pet = streicheln, jetzt wisst ihr auch, woher „heavy petting“ kommt ;-)).
Nachdem wir nun wissen, woran wir sie erkennen, ist am wichtigsten zu wissen, dass man NICHT anhalten muss bzw. erst, wenn der Fußgänger es bereits bis zur Hälfte der eigenen Spur geschafft hat. Steht so im Handbuch. Davor darf man ihn demnach umfahren, mit Betonung auf der Vorsilbe. Interessanterweise kollidiert diese Regelung aber manchmal mit der Regel, dass ein Fußgänger Vorrang hat, wenn er die Straße zwischen zwei Fußwegen überquert. Er hat also nicht Vorrang, wenn er den Fußweg verlässt, die Straße überqueren will, wenn sein Fußweg auf der anderen Seite nicht weitergeht. Warum man diese Regelung erfunden hat, ist mir nicht klar.
Mitunter gibt es an der Querung rechts und links der Straße kleine Pfosten mit einer Art Köcher, in denen neonrote Plastikfahnen stecken. Diese soll der Fußgänger beim Unterfangen, die Straße zu queren, mit sich führen, um besser gesehen zu werden. Angesichts der Tatsache, dass man hier nicht mit Fußgängern rechnet und dass es kaum Straßenbeleuchtung gibt, keine so dumme Idee. Dumm ist nur, wenn alle Fähnchen bereits auf die andere Straßenseite getragen wurden. Dann muss einer die Hälfte zurücktragen. Ich muss gestehen, ich bin noch nie mit Fähnchen über die Straße gegangen.
An Schulen muss zu Stoßzeiten häufig 20mph gefahren werden und gelbe Lampen blinken, um einen daran zu erinnern. Einen stehenden Schulbus sollte man nicht überholen, auch nicht als Gegenverkehr. Häufig wird sogar ein Stoppschild herausgeklappt. Also lieber dahinter bleiben bis er weiterfährt.

Überholen mit Einholen: Wir kennen es alle und es ist uns ins Blut übergegangen: Das Rechtsfahrgebot! Theoretisch gilt es hier eigentlich auch. Auf Autobahnen wird man auch gern mit dem Schild „Slower traffic keep right“ daran erinnert. Dem steht die Regel entgegen, dass man auf mehrspurigen Straßen auch von rechts überholen darf. Dies geschieht dann auch häufig. Der Grund dafür ist, dass auch gilt, dass man so selten wie nötig nur die Spur wechseln soll („keep your lane“). Dadurch kommt es zu unterschiedlichen Szenarien. Dann fährt da halt einer auf dem Freeway (Geschwindigkeitsbegrenzung meist 65 Meilen/h) mit 60 auf der linken Spur vor sich hin, bleibt brav in der Spur, so dass alle anderen ihn umfahren müssen, Betonung auf der zweiten Silbe. Andererseits kann, wer es sehr eilig hat, sich Lücken suchen und so alle anderen und sich durch häufige Geschwindigkeitswechsel in Gefahr bringen.
Sonstiges
Mit dem deutschen Führerschein darf man in der Regel 6 Monate fahren, auch wenn meine ganz speziellen Freunde beim Verkehrsamt der Meinung waren, es seien nur 60 Tage. Es ist jedenfalls nicht verkehrt, einen internationalen Führerschein oder wenigstens einen im Kreditkartenformat zu haben. Darauf vertrauen Amerikaner generell mehr. Die Geschwindigkeitsbegrenzung sollte man einhalten, in der Stadt zwischen 20 und 30 Meilen pro Stunde (also zwischen 30 und 50) und auf dem Freeway/Interstate meist 65 in Stadtnähe, auf dem platten Land oft auch 75 Meilen pro Stunde. Auch wenn es keine stationären Blitzer hier gibt: Lasst euch nicht beim „Speeding“ erwischen, wenn ihr auch noch so einen rosafarbenen Lappen habt wie ich – dann verhaften sie euch wahrscheinlich gleich ;-) Im Übrigen darf man im Gegensatz zu deutschen Gepflogenheiten in den USA nicht ohne Grund von der Polizei angehalten werden. Also eine bloße Kontrolle der Papiere ist im „Land of the Free“ verboten. Allerdings solltet ihr darauf achten, im Fahrer- und Beifahrerraum keinen Alkohol mit euch zu führen, denn dann kann man euch leicht „Driving Under The Influence“ (DUI) unterstellen, also Fahren unter Alkoholeinfluss. Und auch wenn ihr nicht einfach angehalten werden dürft: Die Polizei kann mit dem Motorrad unterwegs sein und hätte dann guten Einblick ins Autoinnere, da sie dann ja leicht erhöht sitzen.
Interessant zu wissen ist auch, dass hier immer der Fahrer versichert ist (wenn er eine Versicherung hat), egal welches Auto er fährt oder ob der Autohalter eine Versicherung hat. Theoretisch muss man eine Haftpflichtversicherung haben, aber viele fahren sozusagen schwarz. Wenn sie einen Unfall verursachen, haben nicht nur sie Pech, sondern auch der Geschädigte, der dann auf seinen Kosten sitzen bleibt, sofern seine Versicherung nicht einen unversicherten Unfallverursacher mit abdeckt. Logisch, oder?
In diesem Sinne: Gute Fahrt!
Gute Fahrt!
P.S. Wer noch spezieller Fragen hat, auch zum Vokabular, kann mich gern fragen. Es gibt übrigens sogar ein Verkehrsschild, das das Trampen verbietet! Da sage noch einer in Deutschland sei immer alles verboten! Wer sich noch mehr für amerikanische Verkehrszeichen interessiert, dem sei dieser Link empfohlen:

Bildtafel der Verkehrszeichen in den Vereinigten Staaten - Wikipedia
Diese Bildtafel der Verkehrszeichen in den Vereinigten Staaten beinhaltet die gegenwärtig gültigen Verkehrszeichen, wie sie im amtlichen Manual on Uniform Traffic Control Devices (MUTCD) und dem ...
http://de.wikipedia.org/wiki/Bildtafel_der_Verkehrszeichen_in_den_Vereinigten_Staaten
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