
Nachdem ich am Montag beschlossen hatte, einen sportlichen Ruhetag einzulegen, wollte ich dies nutzen, um nach der Arbeit noch einmal zum Verkehrsamt zu fahren, und einen zweiten Versuch zu starten, meine theoretische Führerscheinprüfung für die Utah Driver’s Licence abzulegen. Zur Erinnerung: Bei meinem ersten Versuch, kam ich am Empfang nicht vorbei, da ich keine zwei Adressnachweise hatte (die anerkannt werden!) und die bissige und besserwisserische Beamtin mir weis machen wollte, dass ich ihr nicht meinen Führerschein, sondern nur eine Übersetzung vorlege. Alles Beteuern, dass das der echte Führerschein ist, auch wenn er nicht im Scheckkartenformat ist, half nichts.
Nun gut, dieses Mal bin ich am Empfang vorbeigekommen. Dort saß dieses Mal aber auch nicht der Drachen, sondern ein netter junger Mann, der meine Unterlagen vorab sichtete. Der fand meinen rosa Lappen auch gar nicht seltsam oder beanstandete ihn. Dann machte er nach dem Kommentar „Perfect!“ ein Foto von mir, scannte meine Unterschrift ein und gab mir eine Nummer.
Ja, ich bin drin! Frohlockte ich, und dass ich ja jetzt wohl nur noch drankommen und 20 von 25 Fragen richtig beantworten müsste. Dachte ich. Der Raum war rappelvoll. Nachdem ich mir ausgerechnet hatte, dass 8 Leute mit ähnlichem Anliegen vor mir dran waren, entspannte ich mich auch langsam. Nach 3 Leuten bzw. 30 Minuten ließ ich meinen Blick müde über die Schalter schweifen…. um dann mit Entsetzen festzustellen, dass hinter Schalter 2 der Drachen saß und offenbar genau Anliegen meiner Art bearbeitete! Ich dachte, das darf doch nicht wahr sein! Es gab noch 2 andere der 12 Schalter, die ausländische Führerscheine bearbeiteten. Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn. Ich versuchte, mir anhand der ungefähren Bearbeitungszeiten der 3 Schalter auszurechnen, an welchen ich komme und was ich sage, wenn ich an den Drachen geraten würde. Dieses Mal hatte ich zwar wieder nur meinen Uralt-Führerschein dabei, aber war fest entschlossen, ein Gespräch mit dem Vorgesetzten des Drachen zu fordern, sollte sie wieder behaupten, das sei nicht das Originaldokument. Zwecks 2. Adressnachweis hatte ich mir von unserer Bank Schecks ausstellen lassen, auf denen meine Adresse steht, und mit denen sich auch Thomas Zutritt zur Prüfung verschafft hatte.
Nachdem ich über eine Stunde gewartet hatte, war mir schon völlig egal, an welchen Schalter es gehen sollte. Und tatsächlich sprang die Anzeigetafel gnadenlos auf meine Nummer und Schalter 2 um! Oh nein….
Da saß sie, die selbstgerechte dicke Beamtin mit dem Nagetiergesicht und den chronisch herunterhängenden Mundwinkeln. Kein freundliches „Hello, how are you“ – wie an manch anderem Schalter! Nein, stattdessen fragte sie mich argwöhnisch, ob ich wirklich Nummer 425 sei und nachdem ich das bejahte, wollte sie tatsächlich diese Abreißnummer sehen! Krank, oder?
Jedenfalls habe ich es erst einmal vermieden, zu sagen, dass ich einen deutschen Führerschein habe, aber natürlich fragte sie, ob ich einen Führerschein eines anderen Landes habe. Dann klappte sie ihn skeptisch auf. Ich sah die Überforderung durch das dem Scheckkartenformat so unähnliche Format in ihrem Gesicht aufsteigen. Noch bevor sie ihn wieder in Frage stellen konnte, sagte ich, dass sie sich ja wahrscheinlich erinnern kann, dass ich letztes Jahr schon einmal da war. Gleich bellte sie „Nein, ich kann mich nicht erinnern!“ Jedenfalls klärte ich sie darüber auf, dass sie meinen Führerschein ja nicht akzeptiert hat. Dann „improvisierte“ ich, dass ich bei der ausstellenden Behörde nachgefragt habe und man mir versichert hat, dass dieses Dokument ebenso gültig und akzeptabel sei wie ein internationaler Führerschein. Sie knurrte ein leises „Aha“ und verkündete dann, dass sie in diesem Falle eine Übersetzung brauche. Wir erinnern uns: Beim letzten Mal hieß es von der gleichen Dame, dies sei kein Originaldokument, sondern nur die Übersetzung (weil in mehreren Sprachen „Führerschein“ drauf steht). Mein Einwand, dass ja „Führerschein“ auf Englisch drauf steht, wischte sie mit der sturen Wiederholung beiseite, dass sie eine Übersetzung brauche. Ich sagte: Ich bin zufällig Übersetzerin, aber ich nehme nicht an, dass eine Übersetzung von mir akzeptiert wird, oder? Natürlich muss es eine von ihnen vorgegebene Übersetzerin von ihrer Liste sein. Ob sie mir die Liste geben könnte? Nein, sie dürfe sie nicht ausdrucken! Ja, klar, oder?! Ich solle sie mir aus dem Internet heraussuchen. Wahrscheinlich dachte sie: Immer diese lästigen Menschen am Schalter!
Aber immerhin, bleib ruhig, sagte ich mir. Besorg ich mir halt noch ne Übersetzung für die Übersetzung, damit es auch sie es kapiert. Punkt Nr. 2 war dann noch der 2. Adressnachweis. Nur bestimmte Dokumente kommen dafür in Frage. Ich hatte meinen Mietvertrag dabei und mir, wie gesagt, extra von meiner Bank Schecks ausstellen lassen, auf denen mein Name und meine Adresse stehen. Den könne sie nicht akzeptieren. Auf meinen Einwand, dass der bei meinem Mann auch gereicht habe, meinte sie nur, dass könne ja wohl nicht sein. Und es interessierte sie auch nicht. Stattdessen zückte sie wieder automatisch die Liste der Dokumente, die als Adressnachweis akzeptiert werden. (Ich glaube, das ist gar kein Mensch, sondern ein Roboter.) Ich wehrte sie ab und sagte sehr nachdrücklich, dass ich die Liste auswändig kenne, aber keinen der Nachweise bringen könne, und wenn sie den Scheck nicht akzeptiere, dass ich dann keinen Führerschein machen könne. Daraufhin holte sie ihre Vorgesetzte, die mir noch einmal genau das Gleiche aufsagte. Nein, kein Scheck, es muss ein Kontoauszug sein, der nicht älter als 60 Tage ist und mir postalisch zugestellt wurde. Ich packte meine Sachen, würdigte Dick & Doof keines Blickes mehr und ging, ohne mich umzudrehen. Ein gelungener Tag für alle Beteiligten!
Zuhause suchte ich nach der Liste und schrieb die einzige, zugelassene Übersetzerin für Deutsch in ganz Utah an, in der Hoffnung, dass sie schnell antwortet. Was sie auch tat. Mittlerweile sind wir beim „Du“. Gerlinde aus Österreich, seit über 26 Jahren in den USA, übersetzt seit Jahren für das Verkehrsamt, aber musste noch NIE einen Führerschein übersetzen, sondern immer nur Geburtsurkunden. Sie rief dort an. Nein, man brauche keine Übersetzung für einen ausländischen Führerschein vorzulegen. Ich wollte jedoch kein Risiko eingehen und bat sie um die Übersetzung bzw. um die Beglaubigung meiner Übersetzung. Sie sagte zu, nicht ohne sich umfangreich über den Drachen aufzuregen: „Die spinnt. Das ist reiner Wahnsinn!“
Inzwischen war ich noch mal auf der Bank, in der festen Überzeugung, extra für den Drachen ein Konto eröffnen zu müssen, um einen Kontoauszug zu bekommen, der nicht nur auf Thomas, sondern auch auf mich ausgestellt ist. Und siehe da! Was nicht alles passieren kann, wenn einem jemand auch helfen WILL! Hinter dem Schalter stand ein netter Mann mit offensichtlich afrikanischem Migrationshintergrund und lächelte mich an. Ich erklärte ihm meine Misere und als er mich fragte, warum die Frau so einen Aufstand mache, meinte ich nur, dass ihr wahrscheinlich mein Gesicht nicht gefällt. Daraufhin mussten wir beide herzlich lachen. Wie schön, dass es hinterm Schalter auch noch Menschen gibt. Er meinte zwar, dass er den Hauptkontoinhaber nicht vom Kontoauszug löschen könne, mich aber dazu eintragen lassen könnte. Dann entschuldigte er sich mehrmals sehr überzeugend für das Verhalten des Drachen und meinte, die Dame soll die Bank anrufen, wenn sie mir nicht glaubte. Im Übrigen muss man zum Eröffnen eines Bankkontos keinen Adressnachweis bringen und wir bekommen unsere Kontoauszüge ohnehin elektronisch. Ein ausgedrucktes Dokument würde beim Verkehrsamt aber auch nicht akzeptiert. Wie machen das all die anderen? Mit dem Kontoauszug in der Hand verließ ich triumphierend die Filiale. Ich hoffe, ich werde mich nicht zu früh gefreut haben! Sobald ich meine beglaubigte Übersetzung des Führerscheins habe, werde ich mich erneut auf den Weg zum Amt machen und euch berichten.
Übrigens: Wenn man beim Verkehrsamt seine Adresse ummelden will, muss man einfach nur eine Mail mit der neuen Adresse schreiben und darf dann die Adresse auf dem Führerschein selbst überkleben. Logisch, oder?!
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