Diese Woche war viel zu tun. Wir waren zurück im Arbeitsalltag und Karla musste sich wieder in der Kita eingewöhnen. Als ich sie Montagmorgen abgab, wollte sie nicht so recht runter von meinem Arm (normalerweise spaziert sie allein rein), hat aber nicht gemeckert. Gloria erzählte mir am Nachmittag, dass sie häufig „Oma“ und „Opa“ gesagt habe, und zu ihr gekommen und sie umarmt habe. Sie sei sehr lieb gewesen und habe sehr viel erzählt. Montagabend fuhren Karla und ich noch schnell in die schöne Hauptbibliothek, um mein Namensschild, meinen Arbeitszeiterfassungsbogen und Passwörter etc. abzuholen. Karla war ganz begeistert - vom Aufzug! Ich musste ungeführ zehn Mal mit ihr hoch- und runterfahren.
Am Dienstag war wir immer Little Gym, doch ich hatte keine Kamera dabei. Karla hält sich jetzt immer schön am Barren und an den Ringen fest und schaukelt daran. Aber ihr liebsten Spielzeug ist immer noch der Schwebebalken. Rolle rückwärts mag sie auch. Doch dieses Mal war das erste Mal, dass sie gegen Ende schon so müde war, dass sie zu ihrem kleinen Rucksack lief und ihre Jacke herausnahm, damit zur Tür lief, sie aufklinkte und winkend rief: Lalla, bye-bye! Sie kam zwar nochmal für die Seifenblasen herein, aber dann ging es wieder ab durch die Mitte... Zuhause entspannte sie noch ein bisschen mit Topfmusik, während Papa mal wieder ein neues Sauerteigbrot mit Mehl aus unserer Riesentüte vorbereitete.
Am Mittwoch kam ich in den Genuss eines deutschen Feiertages – was natürlich nicht heißt, dass ich nichts zu tun hatte. Karla durfte ausschlafen und mit Oma Marianne und Opa Reinhard skypen und etwas später in den Kindergarten. Von Opas Mundharmonikaspiel war sie ganz begeistert, wippte am Bildschirm mit und klatschte danach „Bravo“! Selbst kann sie leider noch nicht genug in die Mundharmonika pusten, dass ein Ton herauskommen würde. Nachdem ich Karla abgegeben hatte, betätigte ich mich im Haushalt und ging dann mit Denise auf dem Bonneville Shoreline Trail ein Stündchen joggen. Dann war die Wäsche dran und ich bereitete das Abendessen vor. Wenn ich etwas mehr Zeit habe, mache ich immer mal was Aufwändigeres – auch wenn Kartoffel-Fenchelgratin jetzt nicht unbedingt raffiniert ist. Um 1 Uhr hatte ich mich zum Arbeiten in der Bibliothek um die Ecke eingetragen. Ich clippte mein Namensschildchen an und machte mich auf den Weg. An diesem Tag war die Bibliothek geschlossen, da alle Mitarbeiter mit dem „Tagging Project“ beschäftigt waren. Zur Zeit werden alle Medien neu etikettiert, um sie RFID-lesbar zu machen. Das erleichtert z.B. die Selbstausleihe. Und man kann überhaupt leichter nachvollziehen, wo was gerade ist. Ich kam mit einer anderen Mitarbeiterin herein. Es lief Rockmusik und alle waren emsig damit beschäftigt, einer bestimmten Aufgabe nachzugehen, deren Sinn oder Ordnung sich mir nicht gleich erschloss. Ich sagte einfach: Hi, I'm Suzanne, a new sub. Dann wurde ich an einen asiatisch aussehenden, schwer zu verstehenden kleinen Kerl namens Go verwiesen, der alles zu koordinieren schien. Der stellte mich einem nuschelnden Mädel mit Nullbockgesicht zur Seite, die Etiketten aus einem PC zog und in CD- und DVD-Hüllen klebte. Ich sollte erst einmal „slashen“. Aha, ok, was heißt das? Damit die neuen Etiketten gelesen werden können, müssen die alten zerstört werden. Diese hatten wohl nicht richtig funktioniert und nun kamen eben die neuen von 3M rein. Jedenfalls musste ich dafür in CD- und DVD-Hüllen die alte Etiketten suchen, die Hüllen dafür teilweise auseinander nehmen, um dann mit einem Cuttermesser einen tiefen Schnitt über das Etikett zu setzen. Na ja, ich war bald mit dem mir zugewiesenen Rollwagen fertig und wurde an Scott verwiesen, wo ich genau das Gleiche machte. Scott war zwar nicht viel älter als ich, wenn überhaupt, war aber ein wenig im 80er-Jahre-Intellektuellen-Stil gekleidet, mit braunem Cordjacket und entsprechender Brille, und seehr groß. Aber ganz nett bei den paar Worten, die wir wechselten. Danach bearbeitete ich die vorbestellten Bücher und zum Schluss kam ich zu Avyette, die etwas aufgeschlossener war, als die anderen und meinte, sie mag meinen Akzent.... Hm, na ja, ein zweifelhaftes Kompliment.
Zwei Stunden später holte ich Karla ab und kurz darauf kamen auch schon Denise mit Claire und einem Freund, Evan, und Bruno und die akzentfrei Deutsch sprechende Schwedin Jeanette mit Tochter Sophie. Karla begrüßte sie mit „Hi, Fi!“ Wir aßen Kuchen und erzählten. Eigentlich hatte sich Cousine Evelyn aus Idaho mit Cousine Eva aus Kanada angekündigt, die anlässlich einer Konferenz in Salt Lake City waren, doch Evelyn hatte kurzfristig abgesagt. So ging auch der freie Mittwoch schnell rum.
Der Donnerstag verlief unspektakulär. Thomas und ich fuhren Rad in der Mittagspause und am Abend fuhren wir nochmal „Downtown“ zum Sportladen unseres Vertrauens zu Tim, um Stockspitzen zu kaufen – und die Eintrittskarten zum „Salmon Bake“. Das ist eine Veranstaltung unseres Wintersportvereins „TUNA“, bei der in ca. 2 Wochen im Sugar House Park Lachs gegrillt wird und eine stille Auktion durchgeführt wird. Mehr wissen wir auch noch nicht, aber wir lassen uns überraschen. Als ich per E-Mail mit Kopie an Thomas der Organisatorin geschrieben habe, dass ich einen Mohnkuchen beisteuern würde und dass ich Mann und Kind mitbringe, meinte sie, ich solle mal vorbeikommen, damit sie ein Gesicht zu meinem Namen habe. Thomas' Gesicht kenne sie schon von den Skiwettkämpfen. Thomas ist also schon ein bunter Hund :-)
Als ich Karla am Donnerstag aus dem Kindergarten abgeholt hatte, hatte sich schon angekündigt, was am Freitag Tatsache wurde. Karla hatte eine leichte, wahrscheinlich infektiöse Bindehautentzündung. Ihre Augen waren ganz verklebt und sonderten regelmäßig gelbe Flüssigkeit ab, die auch unerschöpflich aus ihrer Nase lief – vor allem beim minütlichen Niesen. Also blieb sie zuhause bei mir und ich arbeitete die vier Stunden Arbeitszeit nach. Trotz ihres Zustands war sie bis auf einige Trotzanfälle gut gelaunt und tanzte und spielte mit ihrer Eisenbahn. Nach dem Einkaufen aß sie Mittag und fiel um ca. 13 Uhr in einen DREIstündigen Mittagsschlaf. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das schon einmal bei ihr erlebt hatte. Zwischendurch ging ich hinunter, um zu sehen, ob alle okay war. Danach wischte ich ihre Augen mit lauwarmem Kamillentee ab und es wurde auch merklich besser - woran auch immer es lag. Dann waren wir nochmals kurz in der Bibliothek. Dort trafen wir zufällig eine ehemalige Highschool-Lehrerin, die ganz begeistert von Karla war und mir riet, Karla jetzt schon die Buchstaben zu erklären. Ihre Tochter konnte wohl mit 3,5 Jahren Zeitung lesen! Sie fand es toll, dass Karla wohl zweisprachig aufwachsen würde. Sie hatte mich mit Karla reden hören und hatte gleich erraten, dass wir Deutsche sind, dachte aber, dass ich hier geboren worden sei. Ein Lichtblick am Ende des Tunnels. Vielleicht besteht ja noch Hoffnung, den deutschen Akzent im Englischen ablegen zu können ;-)
Nachdem Thomas kam, ging ich kurz laufen und holte die beiden auf dem Rückweg am Spielplatz ab, wo Thomas gerade mal wieder mit einem anderen Papa in ein Forschungsgespräch über Numerik vertieft war. Mal sehen, ob uns Will wirklich zur Eiskremparty einlädt, wie beim Austausch der Telefonnummer angekündigt. Dass man seine Telefonnummer preisgibt, ist hier eher selten. Ich denke, er fühlte sich verpflichtet, weil er wusste, dass wir neu hier sind. Doch wir werden sehen. Am Abend grillten wir an!
Der Bericht zum Wochenende folgt morgen :-) Gute Nacht!
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