
Am Samstag stand Thomas gaaanz früh auf – um 3:45! Zum Vergnügen. Für einen Halbmarathon in Provo, über den er gerade noch den Rennbericht schreibt. Es ging wohl nicht so gut, er wurde aber mit 1:16 noch 9. HINTER der ersten „verdammt schnellen“ Frau. Es ging leicht bergab. Doch hier kommt der Läufer doch noch selbst zu Wort:
Die spinnen, die Amerikaner. Ich will nur einen ganz normalen Halbmarathon laufen, um meine Form zu überprüfen. Er sollte also flach sein, nicht zu weit weg und nicht zu teuer. Und zu einer humanen Zeit beginnen.
Das alles zu finden ist hier fast nicht möglich.
Läufe startet fast ausnahmslos zwischen 6 Uhr und 8 Uhr am Morgen. Marathons fast immer 6 Uhr. Wahrscheinlich liegt es daran, dass es im Sommer recht heiß ist, aber das kann ich an diesem Morgen Anfang Mai nicht behaupten. Das Thermometer beim Start sollte -1 Grad anzeigen.
Die zweite Schwierigkeit besteht darin, einen flachen Straßenlauf zu finden. Ihr werdet jetzt denken: Oh, ja. Dort ist es ja so bergig, da wird man immer ganz schön Höhenmeter machen. Höhenmeter machen ist richtig, aber bei Straßenläufen fast immer bergab! Es scheint hier total beliebt zu sein, Teilnehmer mit der Aussicht auf eine neue PB (personal best / persönliche Bestzeit) anzulocken. Es gibt 5 km bergab, 10 km bergab, Halbmarathon bergab, ja sogar einen Marathon bergab mit über 650 Meter Höhenunterschied zwischen Start und Ziel. Neben diesen Straßenläufen gibt es noch Trailläufe auf den Pfaden in den Bergen. Die Zeiten dieser Läufe kann man aber nie miteinander vergleichen.
Samstag, 3:45 Uhr. Der Wecker klingelt. Ich bin ja ein Frühaufsteher, aber wenn noch eine 3 vorne dran steht, hört auch bei mir der Spaß auf. Dank programmierbarer Kaffeemaschine muss ich mich jedoch nur hoch in die Küche schleppen, um mir sofort meinen morgendlichen Koffein-Bolus einzuverleiben. Schnell noch eine Schüssel Müsli, Rucksack packen und auf geht’s nach Provo, ca. 50 min Autofahrt südlich von Salt Lake City. Spätestens 5:30 Uhr muss ich dort sein, weil da der letzte Shuttle-Bus fährt. Wie meistens bin ich etwas spät dran. Übermütig beschleunige ich auf 80 Meilen pro Stunde, bis plötzlich vor mir ein Blaulicht kurz aufblinkt. Schnell wieder auf 65 Meilen abgebremst. Nochmal Glück gehabt. Der Statetrooper ist wohl auch noch etwas müde.
In Provo angekommen kralle ich mir schnell meine Startnummer und meinen Chip und hetze zum vermeintlich letzten Shuttle-Bus. Doch dort stehen noch etliche Läufer, die wohl genauso „spät“ dran sind wie ich. Start ist erst 7 Uhr. Warum also denken die Veranstalter, dass schon jemand 4:30 für den ersten Bus kommt??? In einem überfüllten gelben Schulbus tuckeln wir dann 10 km Richtung Norden und biegen dann rechts in einen Canyon ein. Auf einem Campingplatz werden wir alle rausgelassen. Es ist kalt und ich bin froh, dass ich noch meine Jacke anhabe. Ich schaue mich um. Sieht irgendwie aus als hätten sie die Schüler der lokalen High Schools und Colleges verpflichtet, hier teilzunehmen. Zahlenmäßig dominiert hier nicht der etwas ausgezehrte Läufer mittleren Alters mit Caro-Stirnband, sondern der noch etwas alberne Früh-Twen mit i-Phone und Sonnenbrille. Es ist noch über eine Stunde Zeit. Ich denke mir, da geh ich mich lieber schon warmlaufen statt hier herumzustehen und zu frieren. Da merke ich auch schon, dass ich heute etwas schwere Beine habe, aber besonders viel ausgerechnet habe ich mir ohnehin nicht. Ich weiß auch nicht, wie man sich einen Lauf einteilen soll, der erstmal 8 km nur bergab geht.
Endlich ist es so weit. 7:10 Uhr. Gleich geht’s los. Doch scheinbar haben es die Leute hier nicht so mit der Startzeit. Eine Ewigkeit dauert es, bis die letzten Läufer endlich aus den Dixie Häuschen angetrudelt kommen und sich hinter die gedachte Startlinie stellen. 7:18 Uhr. Start. Es läuft recht gut bergab. Erster Kilometer in 3:26. Zweiter Kilometer in 3:05. Cool! So müsste das immer gehen ;) Doch bereits nach 5 km merke ich, dass Bergablaufen die Quads ganz schön nieder macht. Ich werde langsamer. Außerdem geht es ab km 8 nur noch ganz leicht bergab. Bei km 10 muss ich erstmal meine Jacke ausziehen. Ich liege auf Position 7 oder 8. Doch da kommt plötzlich die erste Frau an mir vorbei gezogen. Ich bin chancenlos. Die zweite Hälfte geht auf der Hauptstraße von Provo schnurgerade bis ins Ziel. Ich rechne mir kurz aus, wie ich weiter laufen müsste, um noch eine neue PB zu erreichen. Scheint möglich zu sein. Also nicht nachlassen und durchziehen! Dank 280 m „Elevation Drop“ schaffe es in 1:16 h ins Ziel, ein Ergebnis, bei dem ich auf einer flachen Strecke Luftsprünge machen würde. Ich bin trotzdem zufrieden, springe ins Auto und fahre nach Hause. Nach einem Wettkampf schon 10 Uhr morgens wieder zu Hause zu sein, ist auch nicht schlecht :-)
Karla und ich schliefen derweil bis um 8 Uhr aus! Wir frühstückten in Ruhe und gingen dann zum Spielplatz. Der Papa war dann gegen 10 Uhr wieder da. Ich schwang mich aufs Rennrad und fuhr den Big Mountain hoch. Oh, das war windig. Aber wenn man kleiner ist, hat man offenbar einen Vorteil im Wind. Jedenfalls hab ich die meisten überholt. Einer wollte es wohl nicht auf sich sitzen lassen. Er überholte mich wieder mit den Worten „Nice Pace“ (Nettes Tempo!). Wir überholten uns einige Male gegenseitig, bis ich merkte,dass ich alle war. Ich hätte vor dem Losfahren noch eine Kleinigkeit essen sollen. Am Big Mountain Summit angekommen, knurrte mir ordentlich der Magen und ich überlegte, ob ich Thomas anrufen und ihn fragen sollte, was es zum „Mittag“ gab. :-) Endlich war ich nach über 2,5 Stunden wieder unten und Thomas machte Eierkuchen! Yippieh! Das war wohl Gedankenübertragung. Karla war auch begeistert: Papa, Ei Ku, ja!
Danach fuhren wir noch mit Karla ins Schwimmbad. Sie musste eine Schwimmwindel und darüber noch eine Plastikbadehose tragen. Karla fand's toll im Wasser. Das Wasser war schön warm und sie konnte teilweise sogar stehen. Auf Zuruf fing sie ordentlich an zu strampeln und bewies eine gute Wasserlage. Sogar die kleine Wasserrutsche traute sie sich runter und obwohl sie voll mit dem Kopf im Wasser landete, bevor der bereitstehende Papa sie auffangen konnte, weinte sie nicht und wollte später noch einmal das Kamikaze-Ding hinunter. Plötzlich jedoch pfiff die Bademeisterin und meinte, alle unter 18 Jahren müssten aus dem Wasser: Zwangs-Pinkelpause! Echt, da haben wir nicht schlecht geguckt und erst überlegt, ob das ein Witz ist bzw. ob wir das richtig verstanden haben. Auch Karla musste trotz zweifacher Windel raus. Das fand sie gar nicht witzig! Sie wurde auch nochmals ermahnt, als sie immer noch am Beckenrand war (It's just our policy! So sind nun mal unsere Regeln!) Nach 5 Minuten, in denen bestimmt kaum einer auf der Toilette war, ging es weiter. Die Uhr lief weiter. Ich glaube, die machen das alle halbe Stunde, weil mal einer in den Pool gekackt hatte und der musste dann gesperrt werden. Mir erscheint das dennoch nicht als logische Maßnahme. Thomas dazu: Früher hat bei uns auch immer mal einer in den Pool gekackt und das schwamm dann so rum. Da kam der Bademeister mit dem Käscher, hat's rausgefischt und weiter ging's:-) So war das im Osten!
Die Umziehprozedur danach, wenn man mit Karla alleine ist, geht allerdings gar nicht. Zumal Karla kurz zuvor noch gegen eine sich öffnende Tür gerannt und dadurch eh schon gut gelaunt war. Zu zweit mit Karla unter der Dusche, geht nicht. Sie will zu Papa. Karla in Ruhe abtrocknen, geht nicht. Sie will zu Papa. Karla in Ruhe umziehen, geht nicht. Sie will zu Papa. Sich selber in Ruhe duschen, abtrocknen, anziehen, geht nicht. Ich will zu Papa. Die beiden Familienumkleiden waren leider besetzt. Hinter der Tür unserer Umkleide wartete dann aber der Papa und alle waren glücklich.
Zuhause angekommen, gab es noch Abendbrot (Spaghetti Napoli) und das Bettchen für Karla. Thomas und ich arbeiteten noch wie immer am PC...

Am Sonntag hätten wir ausschlafen können, wenn Karla nicht schon 6:40 Uhr aufgewacht wäre. Na ja, so hat man wenigstens was vom Tag. Es gab ein gemeinsames Frühstück und danach guckten wir mal in die Kiste – keiner online zum Skypen. Na gut, also fuhren wir zum City Creek, wo ich mich auf diverse Trails begab und 1:15 Stunde bergauf, bergab lief. Mit wunderbaren Aussichten und teilweise auf allen Vieren, weil es so steil und vor allem unwegsam war! Momentan sind Thomas und ich lauftechnisch von Kilian Jornet Burgada inspiriert. Der läuft mal eben aus der Stadt los, den Mont Blanc hoch in 6 Stunden, oder auf den Kilimandscharo rauf und wieder runter in 7 Stunden... Doch am meisten an ihm beeindruckt mich seine Psyche, die Auffassung vom Leben und der Natur.

Kilian's Quest S4 E08 - Keeping the passion alive
In the last encounter of this season, Kilian meets with Pablo Vigil at his home in Colorado. For Pablo it's all about "keeping the passion alive and inspire future generations" ! Two different ...
Thomas ging derweil mit Karla spazieren. Nicht ganz so gefährlich wie Skyrunning :-)
Nach dem Mittagessen ging Karla für zwei Stunden ins Bett und Thomas aufs Mountain Bike, ebenfalls im City Creek. Leider mussten wir ihn mit gerissener Kette auf halbem Wege abholen.... Dann waren wir noch auf dem Sugar House Spielplatz und den Rest des Tages verbrachte ich nach dem Abendbrot mit Unkraut jäten, einkaufen und Blogeinträgen, während Thomas am PC arbeitete.
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