
Von Thomas
Relativ kurzfristig entschlossen wir uns, am Freitag nach West Yellowstone, Montana, zu fahren. Grund dafür war das Rendezvous Ski-Rennen in West Yellowstone. Dies ist ein kleiner Ort etwa 5 Autostunden nordöstlich von Salt Lake City und grenzt direkt an den Yellowstone Nationalpark. Der Unterschied zu Utah ist jedoch, dass es dort sehr viel Wald gibt, obwohl das ganze Plateau bereits auf 2000 m Höhe liegt. Die Landschaft erinnert ein bisschen an die Mittelgebirgswälder in Deutschland.
Die Fahrt am Freitag war anstrengend. Grund war nicht unbedingt der Berufsverkehr, in den wir während der ersten Stunde geraten waren, sondern unser kleiner Quälgeist auf dem Rücksitz. Bereits nach 20 min war Karla abwechselnd gelangweilt, wütend, hungrig oder durstig. Und kleine Menschen in diesem Alter kennen leider nur eine Möglichkeit ihr Unbehagen auszudrücken… Einmal war Karla jedoch still: Als wir schon im Dunkeln von der Highway-Polizei mit viel Blinklicht angehalten wurden. Susanne und ich bekamen erstmal einen Schreck: Meint der uns? Sind wie zu schnell gefahren? Susanne war kurz nicht angeschnallt, um Karla Tee zu geben – war es das? Aber es war zum Glück ein sehr netter Polizist, der leicht indianisch aussah, und uns nur darauf aufmerksam machen wollte, dass unser rechtes Frontlicht nicht funktioniert. Wir sagten ihm, dass das letztens erst kontrolliert wurde, aber dass es schon einmal so war und es geholfen hatte, kurz drauf zu klopfen. Der State Trooper klopfte also kurz auf das Licht und siehe da, es wart Licht. Er hatte uns dafür einen Strafzettel geben können, erklärte uns noch freundlich, dass bei einem Wackelkontakt auch die gesamte Elektronik ausfallen könne und wünschte uns einen schönen Abend, wir ihm auch, und weiter ging es. Auch Karla machte dann weiter, womit sie aufgehört hatte. Seit Samstag sagt sie auch „Hallo“.

Aber wir hielten alle durch, und nach 4 Stunden also etwa kurz nach 8 Uhr abends, war Karla eingeschlafen. Erst nach 9 Uhr trafen wir in unserem Hotel, dem Stage Coach Inn, ein, wo Karla noch bis nach 22 Uhr wach war. Die „Stadt“ besteht wirklich nur aus 3 Quer- und 3 Längsstraßen. Jedes zweite Haus ist ein Hotel oder ein Motel. Was keines von beiden ist, ist entweder ein Restaurant oder eine Tankstelle mit Schneemobilverleih. Ein Touristenort also. So wie dieses Nest stelle ich mir übrigens auch eine Stadt in Alaska vor: Autos werden durch Schneemobile ersetzt und man macht sich gar nicht erst die Mühe, die Straßen vom Schnee zu befreien. Direkt hinter der Straße geht der Wald los und in diesem befinden sich neben Elchen und Grizzly-Bären auch ein paar wunderbar präparierte Loipen. Man kann auch mit dem Snow Coach, einem Kleintransporter auf Schneeketten oder Schneemobil für viel Geld in den Park auf Safari fahren, allerdings sind die Schneemobile so laut, dass man sicher kein Tier zu sehen bekommt. Für Ornithologen bietet der Park auch einiges, wenn man schon nach unseren Laien-Ohren gehen kann.

Am nächsten morgen holte ich vor dem Frühstück meine Startunterlagen ab. Auch mein Arbeitskollege John Bridge war mit vor Ort, jedoch hatte er sich am Vortag eine schmerzhafte Leistenzerrung zugezogen, so dass er schlecht gelaunt wieder nach Hause fahren musste, nicht ohne mir jedoch seine Ski dazulassen, die einen Tick schneller waren als meine eigenen. John meinte, wenn er schon nicht gewänne, dann wenigstens seine Ski. Nach dem Frühstück ging ich zum Start und konnte sofort die üblichen Verdächtigen aus der Wasatch Citizen Series ausmachen. Ich hatte mich für den Hauptlauf über 50km Skating entschieden, denn ich wollte noch gern einen schönen Saisonabschluss mit einem möglichst langen Lauf haben. Außerdem liebäugelte ich mit dem Preisgeld, das es für Platz 1-3 gab. Es hätte Fahrt- und Übernachtungskosten sehr gut gedeckt. Es waren 2x25km zu bewältigen, und bis Ende der ersten Runde konnte ich mich in der 5-köpfigen Spitzengruppe halten. Dann musste ich jedoch einsehen, dass ich das nicht noch eine zweite Runde durchhalten würde und musste leider abreißen lassen. Es fehlte nicht viel, aber irgendwann kann man eben nicht mehr. Hinter mir war weit und breit niemand zu sehen, also lief ich die zweite Schleife ganz allein in der Hoffnung nicht eingeholt zu werden. Mit 5 min Rückstand auf den Sieger war ich dann mit meinem Ergebnis doch recht glücklich. Platz 3 belegte ein Teilnehmer der diesjährigen Junioren-WM, und auch die anderen 3 waren mehr oder weniger Profis.
Am Abend gingen wir amerikanisch essen. Es gab einen Chili-Burger für mich und ein wirklich richtig gutes dunkles Bier aus einer lokalen Brauerei! Wahnsinn. In den letzten 6 Monaten hab ich kein solches Bier getrunken. Danach gingen wir zur Siegerehrung, wo es noch leckeren Kuchen, Eiscreme und Kaffee gab. Auch Karla war gut gelaunt und hüpfte die ganze Zeit in dem großen Konferenzraum herum und unterhielt Zuschauer wie Veranstalter. Bei der Preisverlosung hatte ich wie erwartet kein Glück und beneidete die Gewinner der Geldpreise und diverser Sportartikel.

Von Susanne:
Wir hatten auch Gelegenheit, einige der üblichen Verdächtigen kennenzulernen, die wir bisher nur aus der Ergebnisliste kannten, so z.B. Fabien aus Frankreich, der Französisch in Park City unterrichtet. Er meinte, fast hätte es ein Sprachprogramm für Deutsch gegeben, doch dann fiel die Entscheidung für Portugiesisch, weil die mormonische Kirche in Brasilien sehr stark sei.... Pech für mich, da ich ja auch Lust gehabt hätte, hier Deutsch zu unterrichten. Außerdem lernten wir im Hotel Matt und Kat aus Salt Lake (beides eher Radrennfahrer) sowie bei der Preisverleihung Gene und Jane aus Minneapolis kennen. (Die Namen sind nicht ausgedacht!) Wir hoffen, mit allen in Kontakt bleiben zu können.
Am Sonntag gingen wir nach dem Frühstück noch einmal abwechselnd Skilaufen. Thomas mit Fabien und Matt, während ich Karla auf dem Schlitten durch die Kante zog, und dann ich. Ich hatte mich zwar eigentlich lose mit Kat verabredet, aber da Thomas recht spät ins Hotel kam, traf ich sie erst zum Schluss meiner Einheit. Dort trainierten auch einige Biathleten und das Highlight meines Tages war der Satz eines mich überholenden Mannes mit Gewehr auf dem Rücken: Wow, your V2 is better than I can pole! Soll heißen, ich würde besser Eintakter laufen als er. Einen kurzen Moment lang überlegte ich, ob das a) Ironie war oder ob er b) von Thomas bestochen worden war, um mir eine Freude zu machen oder ob c) Biathleten schlecht Eintakter laufen. Aber da a) Amerikaner selten ironisch werden und b) Thomas kein Geld hat und ich mir c) auch nicht vorstellen konnte, dass Biathleten schlecht skaten, sagte ich einfach „Thank you!“ und lief weiter. Ansonsten fühlte ich mich aber von meiner kurzen Klassikeinheit vom Vortag, die mich erst eine Meile über eine schnelle Spur und dann quer durch die Natur geführt hatte, recht kaputt.
Wahrscheinlich lag es aber eher an der 2h-Schlitteneinheit mit Karla, die davon 30 min schlief und sich ansonsten mal wieder schwer machte. Sie zeigte mir bei der Gelegenheit, dass sie das Konzept der Worte „hopp, hopp, hopp“ genau verstanden hatte. Bei Thomas' Start rief sie ohne Animation als einzige „hopp, hopp, hopp“ und dann später, als ich sie im Schlitten zog, noch einmal, die freche Göre! Wir gingen in den Wald und ein wenig mulmig war mir schon als ich das Schild mit der Bärenwarnung las. Mein Plan war, mich über Karla zu legen und mich tot zu stellen, falls ein Bär auftauchen sollte. Dieser Plan war natürlich völlig überflüssig. Nach einer Weile traf ich einen alten Mann auf Ski und fragte ihn, ob man mit Bären rechnen müssen. Er meinte nur, dass die ja sicher noch im Winterschlaf liegen. Und ich dachte, stimmt ja, die machen ja Winterschlaf. Er hat bei sich bestimmt gedacht: Ah, ein Stadtmensch. Erleichtert ging ich weiter. Nachdem Karla hungrig auf dem Schlitten erwacht war, machten wir kehrt, Karla mit einer Stange Käse in der Hand, und gingen ins Hotel, wo Karla zu Mittag aß. Danach machten wir uns auf den Weg zum Ziel. Nach einer Weile bogen die ersten 3 vom 50er auf die Zielgerade. Es war leider kein orangefarbener Anzug dabei. Aber Thomas kam als 5. vor Barry ins Ziel :-)
Der war danach auch mal wieder nicht gesprächig...
Dann machten wir alle 3 noch einen gediegenen Mittagsschlaf und dann ging es nochmal raus - für mich in die Loipe und für Thomas und Karla im Schlitten. Dann gingen wir, wie Thomas schon beschrieben hat, essen und zur Preisverleihung. Sonntag gegen Mittag fuhren wir zurück und konnten sehr stolz auf Karla sein, denn sie hielt fast die gesamte Fahrt ohne größeres Geschrei durch und schlief 1h und 20 min.
Wir wünschen euch einen schönen Start in die Woche!
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