Samstag Morgen hieß es einmal Mehr früh aufstehen. Denn um 8 Uhr war Start meines erstes Laufwettkampfs in diesem Jahr. Wir kamen zwar etwas später als geplant los, schafften es aber noch rechtzeitig. Und nachdem ich die Schlange am Klohäuschen und Thomas mit Karla die an der Startnummernabholung übernommen hatte, konnte ich mich noch kurz einlaufen. Dann wurde noch ein Liedchen für ein anwesendes Geburtstagskind geträllert, die Strecke erklärt und es ging los. Der Kurs ging über einen Teil der 15 km-Strecke vom letzten Herbst – und war nicht weniger steil. So ca. 150 Höhenmeter. Ich war zwar erkältet, aber dafür fühlte ich mich ganz gut. So schaffte ich denn einen Maximalpuls von 189 und einen Durchschnittspuls von 179. Mit meiner Zeit von 26 Minuten war ich denn auch ganz zufrieden. War ja auch der erste Wettkampf und ich sah es eher locker. Unterwegs standen kleine Schilder mit Sprüchen, die man je nach Belastungszustand mehr oder weniger witzig findet. Zum Beispiel am ersten steilen Anstieg: Was hast du denn gedacht, was das für eine Strecke ist? Oder an einem weiteren Anstieg: Es geht die ganze Zeit bergan, bis es bergab geht. Oder: Weißt du eigentlich, dass du gerade lächelst? Denn das macht Spaß!
Nach dem ersten Berg merkte ich schon, wie meine Oberschenkel fest wurden. Dass sie nach jedem längeren Anstieg immer ein bisschen fester werden würden, konnte ich mir da gar nicht vorstellen. War aber so. Bergab fühlte ich mich aber schnell wieder gut. Vor der letzten Kurve vor dem Ziel standen Thomas und Karla und winkten. Im Ziel angekommen, legte sich mir eine Hand auf die Schulter und ein ausgemergelter Typ mit Wollstirnband meinte hechelnd, er hätte die ganze Zeit versucht, mich einzuholen, musste dann aber einsehen, dass das nicht zu schaffen sei. Witzig – in Deutschland würde einen da kaum einer anquatschen, oder? Es wird auch jeder im Ziel mit „Good Job!“ (Gut gemacht!) willkommen geheißen. Wenn der oder die Letzte wacker ins Ziel gelaufen ist, gibt es eine Tombola und die „Siegerehrung“. Wie immer haben wir nichts gewonnen. Halt – stimmt nicht ganz: Ich bekam ein Bändchen für den 3. Platz in meiner Altersklasse (30 – 39). Mehr habe ich mich allerdings über die große Auswahl an Steinen für die Beetbegrenzung in unserem Garten gefreut. Karla genoss noch die Verpflegung und dann ging's nach Hause.

Zuhause ging Thomas ebenfalls laufen: hoch zur Uni einlaufen und dann die Spikes für 10 x 400 m auf der Tartanbahn angezogen. Am Sonntag hatte er wie ich nach dem Radfahren ordentlich Muskelkater. Dann fuhr er noch mit dem Rad zu einer Konferenz in die Innenstadt und ich versorgte das Karlinchen: Mittagessen, spielen, schlafen, Nachmittagssnack. Dann trafen wir den Papa im Baumarkt, wo wir etwas Erde kauften. Leider gab es die Clematis nicht, mit der ich gern unsere Vorderveranda beranken lassen will. Wieder zuhause führte Thomas Karla in die Geheimnisse des Sommertrainings für den kommenden Winter auf Ski ein und ich die Forsythie und die Beerensträucher in die Erde... Und am Abend gabs „Pita“ (Pizza) für alle.
Sonntag...
… war dann alternierendes Radfahren mit vorangehender Hausarbeit und anschließender Gartenarbeit angesagt... Thomas mähte gestern den Rasen mit der Hand und werkelte heute an der Skiablage in der Garage und Karla half mir beim Gießen der ausgesäten Sonnenblumen und Wicke. Es ist toll zu sehen, wie viel Karla versteht. Wenn ich sage, Karla, bringst du mal die Gießkanne in die Garage, dann sagt sie „ja“ und stiefelt los. Zwischendurch will sie dann zwar unbedingt, dass man mit ihr malt, aber man schafft immerhin ein bischen. Von den Topfpflanzen kann sie aber leider nicht die Finger lassen. Ein ums andere Mal musste ich mich schon zwingen, ihr nicht auf die Finger zu hauen. Lieber sag ich es ihr drei Mal mehr. Manchmal sieht man auch, wie sie die Blumen anfassen will und sich dann erinnert, dass sie das nicht darf. Ich verbiete ihr natürlich nicht, sie anzufassen, aber meistens bleibt es nicht dabei, sondern endet im Blütenabreißen. Aber sie gibt sich Mühe. Thomas ging am Abend nochmal mit ihr auf den Spielplatz, während ich das Abendbrot vorbereitete: Lachs mit grünem Spargel und Pommes Frites. Karla: Hm, Abo, Mama!
Neue Woche, neues Glück
Der Start in die neue Woche verlief kühl und regnerisch. Zum Glück gab es nicht wieder einen Stromausfall, der mich beim Arbeiten behindert hätte. Doch letzte Nacht gab es wieder Frost und ich befürchte, dass den meine frisch eingepflanzten Sträucher nicht überlebt haben...

Heute hatte ich ein Bewerbungsgespräch. Mein erstes echt amerikanisches Job Interview. Und zwar in der Stadtbibliothek von Salt Lake City. Es ist zwar nur eine Aushilfsstelle, aber es würde immerhin mehr soziale Kontakte mit Einheimischen und der englischen Sprache bedeuten – und genug Geld mehr, um Karla in eine bessere Kita zu geben. Hätte es bedeutet. Leider sind alle zu vergebenden Stellen auf die Arbeit vormittags ausgelegt, obwohl man in der Bewerbung angeben soll, wann man arbeiten kann und ich Abende und Wochenenden angegeben hatte. Um Fahrtzeit zu sparen, habe ich auch nur die beiden Zweigstellen in unserer Nähe als möglichen Arbeitsort angegeben.
Anyway, als ich in die Main Library zum Gespräch mit Amber fuhr, war ich schon beeindruckt allein von dem Bau! Total modern, dabei formschön UND funktionell. Und viele Leser drin! Ich war etwas früher dort und schaute mir alle 5 Etagen vom 1. UG bis zum 4. OG an. Auf jeder Etage befindet sich rechts eine „Leseecke“ mit Sesseln und Sofas, in deren Mitte nach drei Seiten ein (künstliches, doch fast echt aussehendes) Kaminfeuer „brennt“. Gegenüber den aufgestellten Büchern und nur über eine Brücke zu erreichen, befinden sich funktionelle Laptop-Arbeitsplätze, wie auch zwischen den Buchreihen. Die Kinderabteilung hat ein eigenes Baumhaus und jeden Freitag um 15 Uhr können die Kinder dort einen Film ansehen. In der Mitte jeder Etage gibt es eine Info und alles ist recht übersichtlich aufgestellt. Dann gibt es noch ein Café und auf jeder Etage werden Empfehlungen des Personals („Staff Picks“) präsentiert. Dann war es soweit, dass ich mich auf die Chefetage, Etage Nr. 5, begab und mich bei Amber anmelden ließ. Sie sah genauso aus, wie man sich stereotyp eine Bibliothekarin vorstellt: Klein, rundlich, mit einem schwarzen Dutt, der fast auf der Mitte ihres Kopfes thronte, und mit einer dicken, schwarz umrandeten Brille (Susi & Claudi, ihr seid der Beweis, dass das ein Vorurteil ist!). Allerdings nicht viel älter als ich. Es war ein nettes Vorstellungsgespräch. Wirklich zum Vorstellen: Was meine Hobbys sind. Da war ich etwas verdutzt und erzählte trotzdem erst einmal von meinem Beruf und sprachlichen Qualifikationen. Damit konnte ich schon Eindruck schinden (nicht schwer, angesichts der Tatsache, dass Amerikaner selten eine Fremdsprache sprechen). Und dann ging es gleich um Kinderbetreuung, schlaflose Nächte, die Schwierigkeit, hier Beruf und Kind unter einen Hut zu bekommen usw. Auch wenn es nach dem Gespräch nur Aufsicht auf einen Job auf Abruf als Vertretung für eine Aushilfe gab, war ich für den anschließenden „Location Test“ motiviert. Amber meinte, sobald eine Stelle frei wird, die mir zeitlich passt, habe ich dann als bereits Angestellte Vorrang. Jedenfalls war ich schon sehr gespannt auf den Test, der zwischen 20 und 60 Minuten dauern sollte, und hatte mich gefragt, ob ich wohl einige Bücher einstellen oder heraussuchen müsste. Und tatsächlich: Ich bekam eine Liste mit 10 Buchtiteln und deren Rückennummer (die sogenannte „call number“). Die sollte ich auf den 5 Etagen aufsuchen und deren Barcode aufschreiben. Wenn ich damit fertig wäre, sollte ich den Zettel wieder bei ihrer Sekretärin abgeben und würde nach etwa einer Woche von ihr hören. Klingt leicht, dauert aber seine Zeit. Zum Glück wusste ich noch, was auf welcher Etage war und arbeitete mich systematisch von oben nach unten durch. Darunter waren mehrere Sachbücher, nochmals unterteilt in Biographie, Kunstbuch, fremdsprachige Literatur und Naturwissenschaft, ein belletristisches Buch aus der Rubrik Horror, zwei Kinderbücher (ein Bilderbuch und ein Comic), eine CD und eine DVD. Das Schwierige daran war, dass die Bücher innerhalb der Kategorien extra aufgestellt waren. Also nicht ein Riesenregal Sachbücher oder Belletristik von A-Z, sondern unterteilt in Themen. Die zweite Schwierigkeit war, dass einige der Bücher ausgeliehen oder nicht am Platz waren. In diesem Fall durfte ich zwar eines mit der gleichen Anfangsnummer vom gleichen Regal aufschreiben, aber es kostete Zeit, weil man ja lieber drei Mal nachsieht, ob es nicht doch dort steht. Allerdings hatte Amber beim Aufschreiben meiner „Startzeit“ gesagt, dass es ihr nicht so sehr auf die Zeit denn auch die Genauigkeit ankäme. Ich habe 45 Minuten gebraucht, aber die Etagen sind auch weitläufig. Wir werden sehen. Jedenfalls war schon allein die Bibliothek einen Besuch wert!

Anschließend war ich noch bei Trader Joe's um die Ecke, einem europäisch angehauchten Supermarkt aus Kalifornien, wo man auch mal ein Stück Briekäse für 3 oder 4 Dollar, eine Tafel essbare Schokolade für 2 Dollar und kleine Schweineohren für 4 Dollar bekommen kann. Da sprach mich direkt im Laden eine Frau an und erzählte mir eine abenteuerliche Geschichte mit der Bitte mir für 10 Dollar ihre staatlichen Essensmarken abzukaufen, damit sie zu ihrer Schwester nach Sandy (17 Meilen südlich von SLC) fahren kann. Aber das kam mir irgendwie komisch vor. Vielleicht weil sie einen leeren Pappbecher in der Hand hatte – wie Bettler eben. Ich sagte, ich könne ihr gern etwas zu essen kaufen, dass ich ihr aber nicht ihre Essensmarken abkaufe, weil die für Essen sind. Na ja, sie hat dann schnell aufgegeben und es wahrscheinlich gleich beim nächsten Einkäufer versucht.
Auf dem Rückweg holte ich Karla ab und wir malten, aßen, tanzten uns bis es Zeit für die Little Gym war, wo Karla gleich weitertanzte, -rollte, -kletterte und -schwang, während der Papa mal eben zum Friseur ging. Wir waren zwar schon ziemlich müde, aber da es unser 2. Hochzeitstag war, gingen wir noch in den Pub, in dem ich neulich schon mit Denise war, und der gleich neben der Little Gym ist. Nachdem wir einen Platz zugewiesen und Karla Hochstuhl, Stifte und Papier bekommen hatten, mussten wir noch unsere Ausweise zeigen, um zu beweisen, dass wir älter als 28 und berechtigt sind, Alkohol zu trinken. Natürlich nur mit einer Essensbestellung: Es gab Lammburger (nicht Hamburger ;-)) für Thomas und Bisonburger für mich und Karla aß unsere Süßkartoffel-Pommes Frites. Dazu gab es für Thomas und mich je ein Pint Guiness (macht mit 20 % Trinkgeld 45 Dollar!) Karla war eigentlich noch im Spielmodus, aber wir sagten ihr mehrmals, dass das ihr Abendbrot ist und es später nichts mehr gibt. Zuhause war das Geschrei groß, aber wir blieben hart und Karla ging ohne 2. „Abo“ ins Bett. Sie hat ja genug Reserven. :-)
Und damit auch wir unsere Reserven auffüllen können, sage ich jetzt Gute Nacht!
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